„Geschlemmt wird immer und überall“

Wieder einmal melde ich mich aus der Millionenstadt Buenos Aires, um über ein Thema zu sprechen, das mich hier tagtäglich begleitet. Wie der Titel schon erkennen lässt, geht es heute um die Kulinarik. Da ich aufgrund der Pandemie noch nicht so viele authentische Erfahrungen in Restaurants sammeln konnte, beschäftigt sich dieser Blogeintrag eher mit der Beschaffung von Lebensmittel des allgemeinen Gebrauchs. Vor nicht allzu langer Zeit ist in der Facebook Gruppe „Deutsche in Argentinien“ (ja, ich bin dort Mitglied und ja, in der Gruppe wird sich viel über das manchmal unorganisierte Leben in Argentinien beschwert, aber es gibt tatsächlich auch sehr viele nützliche Informationen – also verurteilt mich bitte nicht) eine Frage aufgetaucht: Eine Familie, die bald nach Argentinien zieht, wollte wissen, welche Lebensmittel man hier nicht kaufen kann und was sie folglich aus Deutschland mitbringen müssen. Viele Antworten wurden gepostet. Von – überspitzt gesagt – „hier gibt’s gar nix“ bis hin zu „du kannst leben wie im Schlaraffenland“. Daraufhin habe ich im Oberstübchen gekramt und mir überlegt, wie das eigentlich bei mir war und welche Unterschiede mir zu Deutschland auffallen – aber lest selbst!

Bestimmte Lebensmittel zu finden, war für mich in den ersten Monaten meiner Zeit in Buenos Aires wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen, denn man findet nicht überall alles. Wenn man aber weiß, wo man was kriegt, ist das kein Problem und die Lebensmittelauswahl kann auch sehr bereichernd sein. Es gibt viele verschiedene Typen an Geschäften, die ich euch hier ein bisschen vorstellen möchte.

Verdulerias – mein Mekka

Dort kann man hauptsächlich Obst und Gemüse kaufen – alles offen und wenig in Plastik verpackt – herrlich. Die Auswahl ist riesig und wenn möglich regional und saisonal. Auch sämtliche Kräuter erhält man dort in der gewünschten individuellen Menge – quasi stielweise. Außerdem haben sie meistens auch ein Angebot an Hülsenfrüchten, Reis, Chips und Klopapier (allerdings nur einlagig!!!)). Verdulerias werden in sehr vielen Fällen von Venezolanern geführt. Sie sind zwar fast überall zu finden, dennoch kann man bald Unterschiede in der Behandlung der Ware, aber auch in der Behandlung der Kunden feststellen.

Chinos – der Name ist Programm

Diese Art von Lebensmittelladen stellt etwas Einzigartiges dar, denn die anderen Geschäfte aus dieser Liste kann man in irgendeiner Form auch in anderen südamerikanischen Ländern finden, aber chinos sind typisch argentinisch.

Chino ist Spanisch und bedeutet – wie ihr euch wahrscheinlich bereits gedacht habt – chinesisch oder Chinese. Tatsächlich werden diese Läden ausschließlich von Chinesen geführt – ich habe zumindest bisher noch keinen chino ohne chino gesehen. Es gibt sie, wie verdulerias, an jeder Ecke. Sie sind meistens eher klein (etwa 3-5 Gänge à 7m) und der Eingang ist eigentlich immer wenig einladend.

Kaufen kann man alle Lebensmittel des täglichen Bedarfs, Reinigungs- und Hygieneartikel, Süßigkeiten und alkoholische Getränke. Am Anfang war der Einkauf im chino schwierig, weil ich die Zahlen auf Spanisch noch nicht so gut verstand und die Verkäufer meistens mit starkem Akzent Spanisch sprachen. Somit war das Verstehen des Preises immer eine Herausforderung. Erschwert wurde das Ganze dann ab März durch das Tragen der barbijos (Mund-Nasen-Schutz) und einer sehr eigenwilligen Konstruktion: um den Kassenbereich wurde von oben bis unten Plastikfolie gewickelt, sodass auch der Blick auf die Anzeige des Kaufpreises verdeckt war. Nur durch ein kleines Fenster konnte man die Ware auflegen und bezahlen. Nix verstanden, nix gesehen – bezahlt hab ich dann nach Gefühl!

Expresssupermärkte

Neben chinos gibt es auch die etwas schickere Variante des Expresssupermarktes, z. B. Carrefour oder Día. Sie haben in etwa das gleiche Sortiment wie chinos, sind aber ein wenig freundlicher und moderner gestaltet.

Kioskos – wenn alle Stricke reißen

Das deutsche Pendant hierzu wäre wahrscheinlich der Späti. In vielen Fällen kann man dort rund um die Uhr Zigaretten, Alkohol, Süßkram, Knabberspaß und Eis kaufen. Bisher habe ich noch keinen freundlichen Verkäufer im Kisko getroffen – alles Grantler!

Dieteticas – klein, aber oho

Neben verdulerias sind dieteticas meine Hauptanlaufstelle für Lebensmittel. Dort findet man die verschiedensten Sorten an Reis, Nudeln, Nüssen, pflanzlicher Milch, Vollkornbrot, Gewürzen oder Ersatz- oder Bioprodukten. Wenn man also etwas sucht, das ein wenig aus der Reihe fällt, findet man es häufig dort. Wer schon dachte, dass chinos klein wären, der war noch nie in einem dietetica! Vollgestopft bis oben hin, ist die Verkaufsfläche manchmal nur 10qm groß. Auch diese Geschäfte sind fast überall zu finden.

Heladerias – dolce vita in Buenos Aires

Willst du dir in Buenos Aires einen Eisbecher zu Hause gönnen, kaufst du dieses Eis nicht im Tiefkühlregal des Supermarkts, sondern du gehst in eine Eisdiele. Dort hast du die himmlische Auswahl zwischen unzähligen Sorten. Je nach Wunsch, kann Eis im ¼, ½ oder 1 Literbehälter gekauft werden. Auch lassen sich mehrere Sorten in einen Styroporbehälter packen. Richtige Eisbecher, wie Erdbeerbecher oder Wundertüten, kann man sich allerdings nicht bestellen. Eisdielen gibt es deshalb so häufig, weil Argentinien ein beliebtes Einwanderungsland für Italien war.

Mein erster Besuch in einer Eisdiele war ein mittelprächtiger Erfolg. Aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse habe ich mir zunächst schon mal eine viel zu große Waffel (cucurucho) mit 3 gigantisch großen Kugeln bestellt. Danach bin ich mit meinem Turm an Eiskugeln auf die Straße – bei 35 Grad! (Vorher fand ich es noch total verwunderlich, dass die anderen Gäste ihr Eis in der durch die Klimaanlage total runtergekühlten und wenig einladenden Eisdiele wegschlabbern…) Als ich dann bei brütender Hitze draußen stand und mit dem Schlecken nicht mehr hinterherkam, wusste ich auch warum. Es war vermutlich ein Bild für Götter! Das Eis an sich war und ist aber immer noch ein Hochgenuss!

Panaderias und confiteria – Zuckerschock garantiert

Auch Bäckereien gibt es selbstverständlich, allerdings führen sie ein extrem anderes Sortiment, als ich es aus Deutschland gewohnt war. Semmeln/Brötchen und Vollkornbrot habe ich bisher noch nie in einer normalen panaderia gesehen. Es gibt nur dieses etwas zähe und schwammartige Weißbrot, das die Form von Baguette hat, aber in etwa 25cm lange Stücke geschnitten wird – aus welchem Grund auch immer… Hauptverkaufsschlager in der panaderia sind facturas – kleine, etwa handtellergroße Gebäckteilchen. Diese gibt es in den unterschiedlichsten Varianten, aber alle basieren auf einer Art Blätterteig. Es gibt sie in der Form von medialunas oder gefüllt mir Creme, dulce de leche oder Marmelade. Facturas werden gern zum Mate oder Kaffee gegessen und sollen mit ihrer Übersüße die Bitterkeit des Getränks etwas abmildern.

Außerdem gibt es confiterias, in denen fantastisch aussehende Torten in den verschiedensten Ausführungen verkauft werden.

Damit ihr euch vorstellen könnt wie verbreitet diese kleinen Geschäfte sind, hier eine Übersicht. Bei mir befinden sich im Radius von 5 Blocks (1 Block = 100m) 6 verdulerias, 4 dieteticas, 8 chinos, 4 Expresssupermärkte, 3 panaderias und eine Eisdiele.

Carnicerias und fiambrerias

Beide Geschäfte sucht man auf, wenn für asado eingekauft wird. In carnicerias kauft man carne (Fleisch) oder salchichas (Würstchen). Die Auswahl ist sehr groß, jedoch ist der Blick vom Schaufenster aus nicht immer der appetitanregendste. Auch hier muss man vermutlich einfach ein paar Läden durchprobieren, bevor man den richtigen findet.

In fiambrerias kauft man dann den Käse- und Wurstaufschnitt. Das wird gerne vorm asado als aperitivo gegessen. Die Wursttheke ist nicht so umfangreich, wie in einer Metzgerei in Deutschland, jedoch erhält man in einer fiambreria alles, was man für den Aperitif braucht – vom Essiggurkerl über den Salamiaufschnitt bis hin zum Wein. In manchen Fällen findet sich in diesen Feinkostläden auch dubiose Feinkost, wie ein gutes Oettinger aus der Dose!

Große Supermärkte – das rare Gut

Selbstverständlich gibt es auch große Supermärkte, die allerdings in meiner Gegend eher selten auftauchen, da ich in einem sehr alten Teil von Buenos Aires wohne und ein großer Supermarkt natürlich viel Platz braucht, den es nun mal dort in den schmalen Gässchen nicht gibt. Ich liebe den Besuch solcher Supermärkte. Nicht weil das Angebot so groß ist, sondern weil die zum Verkauf stehenden Lebensmittel viel mit Kultur und Tradition des Landes zu tun haben und weil ich gern ummanand strawanz! 

Wie ihr seht, ist die Liste lang! Wenn man ein Produkt tatsächlich überhaupt nicht findet, ist die letzte Hoffnung mercadolibre. Das ist die südamerikanische Version von Amazon, bei der man auch importierte Produkte kaufen kann, die man in den aufgelisteten Läden nicht kriegt.

Um auf das Zitat zu Beginn zurückzukommen. Das war die Reaktion eines Freundes namens Hichael Meintel (Name durch die Redaktion geändert) auf dieses Foto:

In einem großen Supermarkt in BA habe ich tatsächlich das Schlemmertöpfchen der Marke Kühne gefunden. Man hätte vielleicht eher gedacht, dass Kraut der deutsche Exportschlager wäre, aber es sind Rote Bete Kugeln mit Rotweinessig verfeinert. Wer hätte das gedacht?! 🙂

Zum Ende habe ich noch etwas aus der Rubrik VERWIRREND UND ZUCKERSÜSS.

Wie schon mal erwähnt, ist der Kontakt zwischen Schülern und Lehrern viel enger als in Deutschland. Man verabschiedet sich zum Beispiel normalerweise mit Küsschen. Richtig gelesen! Wenn der Schultag endet, stehen alle Schüler der Klasse hintereinander aufgereiht am Schuleingang (es ist extrem laut – schon nach 2 Wochen hatte ich mir Oropax besorgt) und erst wenn sie Eltern oder Großeltern sehen, dürfen sie gehen. Vorher drücken sie mir allerdings noch einen Abschiedsschmatzer auf die Backe.

Die Schüler nennen mich hier auch nicht Frau Hausknecht. Zu Beginn (als mein Spanisch noch miserabelst war) haben sie mich immer seño genannt. Was ich verstanden habe war aber señor mit R am Ende und ich dachte mir…ich bin doch kein Mann. Wieso nennen sie mich so??! Erst viel später habe ich erfahren, dass seño ohne R einfach die Anrede für weibliche Lehrkräfte ist. Das männliche Äquivalent ist profe. Seño und profe werden mit und ohne Namen verwendet. Also einfach seño oder seño Johanna. Für die Deutschlehrerinnen sollen die Schüler Frau + den Vornamen sagen: Frau Johanna (gesprochen: Frrrrau Schohaana/Jochaana) – super komisch, oder?! Für mich zumindest! Also habe ich ihnen gesagt, sie sollen mich einfach Johanna nennen. Nun ja… hm…das kam wohl nicht bei allen an… Also sagen manche Schüler zu mir Johanna, andere sagen Frau Johanna, wiederum andere sagen seño und die letzten Haaamdaucher sagen einfach nur Frau, wenn sie etwas fragen oder sagen wollen, weil man seño ja auch ohne Namen verwenden kann!

Sie schreiben mir auch immer süße Nachrichten, über die ich oft schmunzeln muss. Hier ein paar Beispiele:

„Gute besserung Frau Johanna! :* :*“ „Uh seño cuidate mucho“ (Uh Frau, schone dich sehr) „que se mejore Frau Johanna :)“

„Danke frau Johanna!!!! Küssen“
„Buenas tardes seño Johanna, me alegro que te haya gustado mi trabajo. Gracias por enseñarme. Besos“ (… Danke, dass du mich unterrichtest.) „Hallo Johannna wie gehts dir ?? Te envió el trabajo. Küssen Luchy.“ „Frau ich habe Frage“

Und ja…sie kennen auch den Unterschied zwischen küssen und Küsschen noch nicht so ganz. Das behandeln wir dann eben im kommenden Schuljahr! 🙂

Ich schicke euch in diesem Sinn viele KÜSSSEN. Stay tuned – der nächste Blogeintrag dreht sich um die Diego-Mania! :*

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